Gestern ist der Prozess in Istanbul gegen die deutsche Journalistin Meşale Tolu weitergegangen. Der Vorwurf gegen die Journalistin kurdischer Herkunft: “Terrorpropaganda” und “Mitgliedschaft in einer Terrororganisation”. Sie ist nur eine von mehr als 200 Medienschaffenden, die in den letzten viereinhalb Jahren wegen ihrer Arbeit in türkischen Gefängnissen saßen. Reporter ohne Grenzen fordert, Tolu endlich freizusprechen.
Archiv der Kategorie: Verfolgte Autoren
Russischer Journalist bei Studioaufnahme verprügelt
Der russische Journalist Ruslan Totrov war am 21. Januar im Studio, um einen Videoblog aufzunehmen. Da drangen zwei Männer ein und verprügelten ihn. Sie drohten ihm mit Mord, sollte er nicht mit seiner Berichterstattung stoppen. Die Angreifer identifizierte Totrov als Mitglied des regionalen Verteidigungsministeriums und einem Vertrauten des Präsidenten der Region. Das Committee to Protect Journalists fordert die Aufklärung des Falls und bietet weitere Informationen.
Can Dündar zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt
2015 veröffentlichte Can Dündar Geheiminformationen zu Waffenlieferungen der Regierung an Rebellen in Syrien. 2016 musste Dündar nach Deutschland fliehen. Nun ist er in der Türkei zu mehr als 27 Jahren Haft wegen Spionage und Terrorunterstützung verurteilt worden, wie Zeit online berichtet.
Tansanischer Journalist seit 3 Jahren vermisst
Seit mehr als drei Jahren wird Azory Gwanda vermisst, der als Journalist in Tansania arbeitete und unaufgeklärten Mordfällen in seiner Gemeinde nachging. Eine echte Untersuchung zu seinem Verschwinden wurde nicht eingeleitet. Unter #WhereIsAzory fordert das Committee to Protect Journalists endlich Aufklärung.
Sorge um Narges Mohammadis Gesundheit vertieft sich
16 Jahre soll die iranische Schriftstellerin und Journalistin Narges Mohammadi wegen ihrer Tätigkeit als Menschenrechtsaktivistin absitzen. Schon im Vorfeld war sie gesundheitlich angeschlagen (wir berichteten schon vor zweieinhalb Jahren über ihren Fall). Nun hat sie sich auch noch mit COVID 19 angesteckt, was ihre Lage noch gefährlicher macht. Deswegen fordert PEN International ihre sofortige Freilassung. Mehr Infos zu ihrem Fall und Möglichkeiten, selbst aktiv zu werden, finden sich hier.
Schreiben als Ausbruch aus dem Gefängnis
Eine eigene Form des Ausbruchs nutzt der türkische Autor Ahmet Altan, der im Zuge des türkischen Putschversuchs inhaftiert wurde: Während seiner Haft schrieb er eine Reihe von Essays mit dem Titel „I will Never See the World Again“, die er durch seine Anwälte aus dem Gefängnis schmuggeln ließ. Letztes Jahr erhielt er dafür den 50.000 Pfund dotierten Baillie Gifford Preis. Gerade schreibt er an einem Roman mit dem Titel „Lady Life“. The Observer berichtet ausführlich über sein Schicksal.
Fünf Journalisten aus türkischer Haft entlassen
Als Unterstützer von Terrorgruppen waren fünf Journalisten der Tageszeitung „Cumhuriyet“ letztes Jahr festgenommen und verurteilt worden. Der Vowurf: Sie hätten den im Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen unterstützt, der angeblich hinter dem Putschversuch gegen Erdogan stehen sollte. Nun sind Musa Kart, Guray Oz, Onder Celik, Mustafa Kemal Gungor und Hakan Kara endlich wieder frei. Eine Ausreisesperre besteht jedoch noch, sodass sie das Land vorerst nicht verlassen dürfen. Mehr Infos gibt es beim Spiegel.
Oleg Senzow nach einem Jahr Haft frei
Wir freuen uns unglaublich: Oleg Senzow ist frei! Im Rahmen eines Gefangenenaustausches zwischen Russland und der Ukraine ist er nach mehr als einem Jahr Haft frei gekommen. Zuletzt berichteten wir im Rahmen unserer Kolumne über das kürzlich erschienene Buch „Leben.Geschichten“ des ukrainischen Regisseurs und Autors. Mehr Informationen gibt es bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Ugandische Schriftstellerin zu 18 Monaten Haft verurteilt
Anfang August wurde die ugandische Schriftstellerin Stella Nyanzi zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Grund: Online-Belästigung, denn auf Facebook kritisierte sie den ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni. Der PEN ist davon überzeugt, dass sie nur verhaftet wurde, weil sie das Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen habe. Dr. Danson Kahyana, Präsident des ugandischen PEN, befürchtet, dass Leute jetzt davor zurückschrecken werden, ihre Meinung online auszudrücken. Mehr Infos finden sich hier.
Neue Entwicklungen im Mordfall Kuciak
Neue Entwicklungen im Mordfall Kuciak: Nach Angaben der Sonderermittlungskommission sollen die vier Tatverdächtigen noch weitere Morde geplant haben. Der Investigativjournalist Jan Kuciak und seine Verlobte wurden im März 2018 ermordet.
Hintergründe zu den Ermittlungen lesen Sie hier.
Yücels Haft war rechtswidrig
Wir haben immer wieder auch auf Deniz Yücels Fall hingewiesen. Nach seiner Freilassung 2018 folgt nun eine weitere gute Nachricht: Der türkische Verfassungsgerichtshof bestreitet zwar weiterhin, dass Yücel in Untersuchungshaft gefoltert worden sei – trotz dessen gegenteiliger und glaubhafter Aussagen. Doch es stellt fest, dass Yücels Verhaftung rechtswidrig gewesen sei. Das Urteil weist damit auch Edogans Allmachtsanspruch zurück und ist ein kleiner Sieg für die Meinungsfreiheit. Mehr Infos findet ihr bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Shakthika Sathkumara wegen Kurzgeschichte inhaftiert
PEN International prangert die Inhaftierung des preisgekrönten Schriftstellers Shakthika Sathkumara an. Er wurde am 1. April wegen einer von ihm auf Facebook veröffentlichten Kurzgeschichte verhaftet, in der er auf Homosexualität und Kindesmissbrauch bei buddhistischen Mönchen eingeht. Dafür könnten ihm nun zehn Jahre Haft drohen.
Sorge um Narges Mohammadis Gesundheit
Im Juni 2010 wurde die iranische Journalistin Narges Mohammadi verhaftet. Seitdem wurde sie zu fünf Jahren Gefängnis wegen „konspirativer Vereinigung“, einem Jahr wegen „Verbreitung regierungsfeindlicher Propaganda“ und zehn Jahre für ihre Arbeit mit Legam, die sich gegen die Todesstrafe richtet, verurteilt. Letzteres wurde als „Gründung und des Betriebs einer illegalen Organisation“ eingestuft.
Im Gefängnis entwickelte sie eine Infektion. Nach einer Operation wurden ihr die nötigen Medikamente wie Antibiotika vorenthalten. Erst entzündeten sich die OP-Wunden, nun breitete sich die Infektion auf ihren Blutkreislauf aus und ihr Zustand verschlechtert sich weiter.
Mehr Informationen zu Mohammadis Fall, findet ihr bei PEN International.
Gemeinsame Veranstaltung mit der VHS in Allendorf im Rahmen unserer “Worte in Ketten”- Reihe am 19. Mai

Foto: Stefanie Silber
Schon als Teenager engagierte sich Zobaen Sondhi für Menschenrechte (wie die Meinungsfreiheit) in Bangladesch. Trotz gewalttätiger Reaktionen gründete er mit anderen Aktivisten den Blog „Nobojug“ (New Age), auf dem er über Menschenrechtsverletzungen und den Islam schreibt. Als radikal-islamische Gruppen eine tödliche Jagd auf die Blogger begannen und die Regierung tatenlos dabei zusah, musste er schließlich fliehen.
Neben Zobaen Sondhi liest der Hörbuchsprecher und Autor Sven Görtz Texte verfolgter und verbotener Autoren aus Syrien, Russland, Kamerun, China, der Türkei und anderen Ländern.
“Es bleibt alles liegen” – Nachlese zur Lesung mit Aziz Tunç, 20.02.2019
Am Mittwoch, den 20.02.2019, veranstalteten wir eine Lesung mit Aziz Tunç im Kerkradezimmer der Kongresshalle Gießen. Tunç ist kurdisch-alevitischer Herkunft und wurde 1956 im türkischen Elbistan geboren. Im Gespräch mit Zeynal Sahin vom Ausländerbeirat erzählte der Autor zunächst von seiner Erfahrungen mit Folter und wiederholten Festnahmen, die ihn seit den 1980er Jahren begleiten. Nur durch einen Zufall hielt er sich während des Putsches in der Türkei im Juli 2016 in Deutschland auf und lebt seither im Exil.
Im Zentrum seiner Lesung stand ein Text aus seinem Buch zum Massaker von Marraş im Jahr 1978, bei dem 100 Menschen hauptsächlich kurdischer Herkunft starben. Der Autor trug den Text auf Türkisch vor, die Übersetzung wurde von Daniel Schneider vorgelesen. Er erzählte die Geschichte der Familie des Lehrers Süleyman, der 1978 in Marraş ermordet wurde. Aufgrund seiner Berichterstattung über dieses Ereignis war und ist er Verfolgungen und Repressalien durch den türkischen Staat ausgesetzt.
Im anschließenden Gespräch mit dem Publikum ging es neben seiner Erfahrung als Autor im Exil vor allem um die Frage, wie sich die deutsche Gesellschaft gegen Unterdrückung von Meinungsfreiheit und Diskriminierung religiöser Minderheiten positionieren und mobilisieren kann.