Noch nie konnten so viele Menschen ihre Meinung öffentlich äußern wie heute im Zeitalter der sozialen Medien, noch nie war die Freiheit so grenzenlos. Trotzdem wächst das Gefühl, bei bestimmten Themen nicht frei sprechen zu können – weil der »Mainstream« zu mächtig, die Kritik zu hasserfüllt ist. Mehr als 150 überwiegend amerikanische Intellektuelle beklagen im Juli 2020 eine »Atmosphäre von Zensur« in den Debatten – mit »schweren Vergeltungsmaßnahmen« für diejenigen, die sich »vermeintliche sprachliche oder gedankliche Entgleisungen« leisten. Neu ist daran, dass der Liberalismus nicht nur von rechts unter Druck gerät; auch linke Protestbewegungen erheben ihre Moral zum Dogma. Und wie frei ist die Meinung, wenn es Internetriesen wie Twitter sind, die entscheiden, welcher Lautsprecher vom Netz genommen wird?
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Nidzara Ahmetasevic vorübergehend inhaftiert
Trauer um Katja Behrens
Wir sind tief traurig über den Tod von Katja Behrens. Die Autorin verstarb am Abend des 6. März. Sie war eine frühe Unterstützerin unseres Vereins und gab den Anstoß für die Gründung von Gefangenes Wort. Ihren Leitspruch “Wer lesen will, muss dafür kämpfen, dass andere Schreiben dürfen.” haben wir auch zu unserem gemacht. Mit ihr verlieren wir eine wichtige Schriftstellerin und Kämpferin für die Meinungsfreiheit.
Ronya Othmann liest aus ihrem Debütroman “Die Sommer”
Eine Woche ist es nun schon her, dass wir Ronya Othmanns Worten aus ihrem Debütroman “Die Sommer” lauschen durften. Als Kooperationspartner des Literarischen Zentrums Giessen haben wir die Lesung mitgestaltet, deren Mitschnitt Sie nun auch online abrufen können. Die Aufzeichnung der Lesung finden Sie hier
Unsere Kolumne: Unpublizierte Kurzgeschichte als Beleidigung
In diesem Monat haben wir uns dem Schicksal der iranischen Schrifstellerin und Menschenrechtsaktivistin Golrokh Ebrahimi Iraee gewidmet, die seit 2014 für eine unpublizierte Kurzgeschichte verfolgt wird und seitdem mehrfach inhaftiert wurde. Den Artikel finden Sie hier
Gefangenes Wort unterstützt Stipendium für Bobomurod Abdullaev
Usbekischer Journalist kommt erneut als Nothilfe-Stipendiat nach Deutschland
Der usbekische Journalist Bobomurod Abduallev musste aus seiner Heimat flüchten und ist seit Ende Januar dieses Jahres Nothilfe-Stipendiat von Reporter ohne Grenzen. Gefangenes Wort beteiligt sich an der Finanzierung des zunächst auf vier Monate angelegten Stipendiums mit einem Betrag von 4000,00 €. Abdullaev war bereits von November 2019 bis Februar 2020 im Rahmen eines Stipendiums in Berlin, nachdem er zuvor über 15 Jahre lang kritische Berichte über das Regime des früheren usbekischen Staatspräsidenten Islom Karimov veröffentlicht hatte. Zudem berichtete er immer wieder über Korruption und illegale Waffengeschäfte des Karimov-Clans sowie über die massive Unterdrückung der politischen Opposition.
Nachdem sein Pseudonym Ende des Jahres 2017 aufgedeckt wurde, verhafteten ihn usbekische Sicherheitskräfte unter dem Vorwand, er habe zum gewaltsamen Regierungsumsturz aufgerufen. Nach seiner Freilassung nutzte Abdullaev seinen Aufenthalt in Berlin, um an einem Buchprojekt zu arbeiten und eine Video-Fortbildung zu absolvieren. Doch als er im März 2020 nach Kirgisien ging, wurde er festgenommen und nach Usbekistan abgeschoben. Dort wurde er erneut in einem fragwürdigen strafrechtlichen Verfahren angeklagt. Zwar wurde das Verfahren später eingestellt, doch Abdullaev fühlt sich in seiner Heimat nicht mehr sicher. Über die Türkei konnte er 2021 nach Deutschland kommen, wo er nun erstmal in Sicherheit leben und arbeiten kann. Gefangenes Wort ist glücklich, sich an dem Stipendium für Bobomurod Abdullaev substantiell beteiligen zu können und damit einen mutigen und investigativen Journalisten zu unterstützen, der sich trotz aller Schikanen nicht mundtot machen lässt.
Prozess gegen Meşale Tolu geht weiter
Gestern ist der Prozess in Istanbul gegen die deutsche Journalistin Meşale Tolu weitergegangen. Der Vorwurf gegen die Journalistin kurdischer Herkunft: “Terrorpropaganda” und “Mitgliedschaft in einer Terrororganisation”. Sie ist nur eine von mehr als 200 Medienschaffenden, die in den letzten viereinhalb Jahren wegen ihrer Arbeit in türkischen Gefängnissen saßen. Reporter ohne Grenzen fordert, Tolu endlich freizusprechen.
Lina Attalah wird PEN-Ehrenmitglied
Das deutsche PEN-Zentrum ernennt die Journalistin Lina Attalah zum Ehrenmitglied! Attalah ist eine der wichtigsten kritischen Stimmen in der ägyptischen Medienlandschaft; sie war bereits wiederholt von Repressalien bedroht.
Unsere Kolumne: Arabischer Winter folgt Arabischem Frühling
In diesem Monat stellt in unserer Kolumne im Gießener Anzeiger Dennis den ägyptischen Blogger, Aktivisten und Schriftsteller Alaa Abd el-Fattah vor. Der Artikel findet sich hier.
Russischer Journalist bei Studioaufnahme verprügelt
Der russische Journalist Ruslan Totrov war am 21. Januar im Studio, um einen Videoblog aufzunehmen. Da drangen zwei Männer ein und verprügelten ihn. Sie drohten ihm mit Mord, sollte er nicht mit seiner Berichterstattung stoppen. Die Angreifer identifizierte Totrov als Mitglied des regionalen Verteidigungsministeriums und einem Vertrauten des Präsidenten der Region. Das Committee to Protect Journalists fordert die Aufklärung des Falls und bietet weitere Informationen.
Can Dündar zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt
2015 veröffentlichte Can Dündar Geheiminformationen zu Waffenlieferungen der Regierung an Rebellen in Syrien. 2016 musste Dündar nach Deutschland fliehen. Nun ist er in der Türkei zu mehr als 27 Jahren Haft wegen Spionage und Terrorunterstützung verurteilt worden, wie Zeit online berichtet.
Tansanischer Journalist seit 3 Jahren vermisst
Seit mehr als drei Jahren wird Azory Gwanda vermisst, der als Journalist in Tansania arbeitete und unaufgeklärten Mordfällen in seiner Gemeinde nachging. Eine echte Untersuchung zu seinem Verschwinden wurde nicht eingeleitet. Unter #WhereIsAzory fordert das Committee to Protect Journalists endlich Aufklärung.
“Wenn freie Meinung zur Gefahr wird” – Pressebericht zur Lesung in Allendorf
Der Gießener Anzeiger berichtete am 28.05.2019 über unsere Veranstaltung mit Zobaen Sondhi im Künstlerhof in Allendorf. Der Artikel ist hier nachzulesen.
Der Kampf gegen die Desinformation durch die russische Regierung
Vladimir Sevrinovsky bereiste als unabhängiger Journalist alle 85 Regionen Russlands und berichtet über soziale und kulturelle Missstände Russlands, zuletzt über die Pandemie im Land. Während er dabei noch relativ frei arbeiten konnte, war das bei seinen Kollegen nicht der Fall. Von diesen Schwierigkeiten und seiner Arbeit erzählt er in einem Interview mit dem Committee to Protect Journalists.
Einsatz für LGBTQI-Rechte – August-Kolumne im Gießener Anzeiger

Künstlerin Julia Tsvetkova ist auf dem Bildschirm eines Laptops während des Video-Chats mit dem dpa-Korrespondenten zu sehen. Foto: dpa
Sich für LGBTQI-Rechte einzusetzen, ist für den russischen Staat gleichzusetzen mit der Propagierung von Homosexualität. Deswegen drohen der russischen Aktivistin Yulia Tsvetkova nun mehrere Jahre Haft. Mit der heute erschienenen Kolumne möchten wir auf ihren Fall aufmerksam machen.